Klappe und Aktion!

Ich durfte mal die Atmosphäre eines Castings erleben, vor ca. 1,5 Jahren. Da man sich verpflichtet nicht über Dinge zu sprechen was den Ablauf angeht bzw. was hinter den Kulissen passierte, und ich das über eine Rechtsstelle abklären lassen musste bzw. wollte, kommt es jetzt erst dazu. Ich bekam nie eine Antwort bezüglich einer Kolumne darüber, also ob ich etwas veröffentlichen darf oder nicht. Deshalb schreibe ich quasi verschlüsselt, ich bin ja auch nicht auf den Kopf gefallen, gelle?
Der Aufruf zum Casting kam hier über Facebook, es wurden Frauen gesucht die eine Geschichte zu erzählen haben. Und ich dachte so:
“Jau Steffi, wenn nicht Du, wer dann.”
Gesucht wurde von einem namhaften deutschen Designer für einen namhaften deutschen Sender. Es war ein total neues Sendeformat.
Ich also meine Angaben da ins Formular geklöppelt und abgeschickt.
Tage später bekam ich eine SMS auf mein Handy mit einer Einladung zum Casting, in ein Hotel, ca. 35 km von hier entfernt.
Ich bin total ausgerastet vor Freude, sah mich vor meinem geistigen Auge schon über sämtliche roten Teppiche der Welt laufen, und habe das jedem erzählt, ob ich die Leute kannte oder auch nicht kannte.
“Hier, wissen Sie was? Ich werde gecastet, für …, von …”
“Ah.”
Also legte ich mir eine Strategie fest, sichtete den Inhalt meines Kleiderschrankes äußerst akribisch, und entschied mich für ein Outfit von dem ich dachte, dass es mich vorteilhaft und identisch darstellen könnte (Holzfällerhemd und eine schlichte schwarze Hose, Boots). Ein Bekannter fuhr mich hin, ich war ja nicht mehr in der Lage ein Kfz zu lenken. Der Bekannte sagte noch:
“Ich bringe Dich kurz rein und fahre dann wieder.”
“Jau.”
Wir da rein, alles voll mit kleinen Frauen und großen Frauen und jungen Frauen und nicht mehr so jungen Frauen, mit auffälligen Frauen und unscheinbaren Frauen. Man wurde registriert von den freundlichen Mitarbeitern, und nahm Platz.
Mein Bekannter so:
“Ich bleibe, voll spannend hier.”
Wir wurden dann alle über den Ablauf informiert, und das Casting ging los, erstmal in verbaler Form durch Mentoren. Diese Mentoren entschieden dann wer vor die Kamera kommt, und wer nach Hause gehen muss.
Tja, und das dauerte. Und dauerte, und dauerte, und dauerte. Irgendwann kam man mit den anderen Bewerberinnen ins Gespräch.
“Warum bist Du hier?”
“Meinste der deutsche Designer kommt noch?”
“Guck mal die Blonde dahinten, etwas doll aufgedonnert, oder?”
Eine Dame kam gleich mit ihrem “Manager”. Das Kleid war so kurz, dass man per Blick eine Krebsvorsorge hätte durchführen können. Alle 10 Sekunden machte er von ihr Bilder. Mal die Haare nach rechts geschwenkt, dann nach links, dann mit Schmollmund, mit Kußmund und so weiter. Hat aber wohl alles nichts gebracht, ich sah sie jedenfalls nicht in der Show.
Zwischenzeitlich füllte sich das Hotel nochmals, denn das offene Casting begann. Also für die Frauen, die nicht eingeladen waren. Ich muss ja nicht betonen was das für ein Geschnatter war in der Hütte. Die Luft war parfümgeschwängert.
Nach gefühlten 354 Stunden war ich dann dran. Ihr könnts mir glauben, mir lief der Schweiß am Arsch runter. Wir unterhielten uns, ich antwortete auf Fragen die mir gestellt wurden, und versuchte dann meine Kolumnen in den Fokus zu rücken. Die gute Frau hatte auch eine gelesen. Dann kam der erlösende Satz:
“Du gehst noch vor die Kamera.”
Da war ja aus, da nahm meine Aufregung Dimensionen an, dass ich kurz davor war ein Herrengedeck zu bestellen.
Also ging es für mich an die reservierten Tische, zur Konkurrenz. Wie die Hotelgäste uns anschauten, man konnte an den Blicken sehen dass sie überlegten: “Woher kenne ich die?”
Und wieder warten, und warten, und warten, und warten.
Ich hatte mir Getränke eingepackt und Brot, hat mir meine Mutter immer eingetrichtert. Das war mein Glück. Und das der anderen. Ich habe das Brot nämlich an die anderen Damen verschenkt, die hatten so Schmacht. Wir waren mittlerweile schon knapp 6 oder 7 Stunden dort. Dann wurde ich aufgerufen. Ich war total fertig, hatte Schwitzflecken unterm Arm, fing an beim sprechen zu spucken wie ein Lama, und saß auf dem Hocker vor der Kamera wie ein Affe auf dem Schleifstein. Diese riesige Kamera, ein total hübscher Kameramann, eine andere, durchaus nette Mentorin, und ich im Holzfällerhemd mit Leberwurstbrotresten in den Mundwinkeln auf diesem Hocker. Ich war total unauthentisch, nicht so wie ich mich kenne. Zu aufgeregt, zu steif, zu sehr darauf fixiert was ich sagte.
Wir mussten alle wochenlang auf die Antwort warten, ob wir dabei sind oder nicht. Ich war es dann nicht. Aber mein Band mit den Aufnahmen vor der Kamera schlummert noch bei dem namhaften deutschen Sender. Also falls die mal eine Frau suchen im Holzfällerhemd, mit Leberwurstbrotresten im Mundwinkel und Schwitzflecken unterm Arm, dann könnten die auf mich zurückgreifen, das könnten die quasi. ^^

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